
Tierversuche reduzieren
Immer noch unethische und nicht zeitgemäße Tierversuche
Tierversuche sind nach wie vor an der Tagesordnung, trotz immenser Fortschritte in der Entwicklung von tierversuchsfreien Methoden. Jahr für Jahr sterben so unzählige Tiere durch Methoden, die sowohl ethisch als auch wissenschaftlich nicht zeitgemäß sind. Affen werden Elektroden ins Gehirn implantiert, Kaninchen Substanzen ins Auge geträufelt und Mäuse müssen an künstlich erzeugten Tumoren leiden. Das geschieht in den Laboren im Namen der Forschung, für Giftigkeitsprüfungen und zur Routineproduktion von Substanzen, zur Arzneimittelforschung und auch in der Lehre.
2021 wurden laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 1.859.475 lebende Tiere für Versuche eingesetzt. Weitere 633.784 Tiere wurden ohne vorherige Versuche getötet, um ihre Organe und ihr Gewebe zu verwenden.
Die meisten Tiere leiden für die Grundlagenforschung
Der Anteil der Tiere in der Grundlagenforschung im Jahr 2021 blieb auf hohem Niveau bei knapp 56 Prozent, obwohl diese Versuche dem reinen Erkenntnisgewinn dienen und den Menschen weder konkret noch in absehbarer Zeit nützen.
Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Tiere, die den höchsten Grad an Schmerzen, Leiden und Schäden erleiden mussten auf insgesamt 79.451 – hierunter fallen etwa Organtransplantationen von einer Tierart auf eine andere oder zuchtbedingte genetische Störungen. Einen Anstieg gab es auch bei den bei Tieren, deren Erbinformation die Forscher manipulierten, meist um sie künstlich krank oder dem Menschen ähnlicher zu machen. 952.837 Tiere waren es im Jahr 2021.
Tierversuchsfreie Methoden nutzen und vorantreiben
Tierversuchsfreie Wissenschaft wird nicht ausreichend gefördert. Ein Wandel hin zu tierversuchsfreien und humanrelevanten Methoden ist jedoch dringend nötig, um zum Beispiel Therapien gegen schwere Krankheiten wie Krebs, Parkinson oder Alzheimer zu entwickeln. Denn ob Tierversuche hier tatsächlich den erhofften Durchbruch bringen, ist fragwürdig. Die Ergebnisse lassen sich nur schwer auf den Menschen übertragen, da sich Tiere beispielsweise in Lebensweise und -dauer, Körperbau, Stoffwechsel und Erbgut unterscheiden.
Moderne Alternativen statt Tierversuche
Tierversuchsfreie Wissenschaft umfasst in vitro-Verfahren (Zell- und Gewebekultur), mit welchen unter anderem Zellen von freiwilligen Spendern oder Patienten kultiviert und untersucht werden können. So lassen sich auch Körpergewebe oder sogar Organoide, das sind Miniaturversionen von Organen, nachbilden, an denen biologische Zusammenhänge, die Giftigkeit von Chemikalien oder die Wirksamkeit von Arzneimitteln getestet werden kann. Auch die Biochip-Technologie (organ on a chip, human on a chip), bildgebende Verfahren sowie klinische und epidemiologische Forschung zählen beispielsweise dazu.
Immer noch leiden und sterben jedes Jahr Millionen Tiere in Tierversuchslaboren. Eine Gesamtstrategie für einen Ausstieg aus Tierversuchen ist dringend nötig. Hierfür ist es unabdingbar, humanbasierte und tierfreie Alternativen zu fördern. Es ist höchste Zeit, Fördermittel für tierversuchsfreie Wissenschaft aufzustocken, ihre Umsetzung in die Praxis zu beschleunigen und einen Zeitplan mit Meilensteinen festzulegen. Um dies zu erreichen, braucht es klare Zielvorgaben.
Unsere Forderungen:
Wir fordern den Ausstieg aus sämtlichen Tierversuchen. Bis zu einem solchen Komplettausstieg sind mindestens umzusetzen:
- Massive Ausweitung der Förderung von tierversuchsfreien Methoden, Umstrukturierung der Vergabe von Fördermitteln mit höchster Priorität auf tierversuchsfreie Verfahren.
- Anpassung des Genehmigungsverfahrens, um eine unabhängige Prüfung auf ethische Vertretbarkeit durch die Genehmigungsbehörden zu ermöglichen.
- Aufnahme von Ethik sowie Schulung in der Anwendung von tierversuchsfreien Methoden in die Ausbildung von Nachwuchswissenschaftler*innen.
- Formulierung einer Ausstiegsstrategie zur schrittweisen Beendigung aller Tierversuche.
- Sofortiges Verbot von schwer belastenden Tierversuchen und Versuchen an Primaten.
Was bisher geschah
Die EU-Kommission bekennt sich zu dem Ziel, Tierversuche für Chemikalien abzuschaffen und den langfristigen Ausstieg aus Tierversuchen in Forschung und Bildung zu beschleunigen. Allerdings stellt sich die Komission bei der Forderung nach einem verstärkten Tierversuchsverbot für Kosmetika quer. Bezüglich der gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuche für Industriechemikalien, Pestizide, Biozide und Arzneimittel hat die Kommission zugesichert, eine Road-Map zur Umsetzung des Ausstiegs zu erarbeiten.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat das im Koalitionsvertrag angekündigte ressortübergreifende Kompetenznetzwerk mit dem Namen „Bundesnetzwerk 3R“ etabliert. Allerdings steht dieses erst am Anfang und es bleibt abzuwarten, wie viel Mitgestaltungsmöglichkeit den Tierschutzorganisationen gegeben und ob tierversuchsfreie Wissenschaft die oberste Priorität wird.
Zusätzlich hat Zoe Mayer (Bündnis 90/Die Grünen), Mitglied des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft im Bundestag, in einer Pressemeldung verkündet, dass für 2024 1 Million Euro für die Reduktionsstrategie im Haushalt bereitgestellt werden sollen und eine weitere Million in den folgenden Haushalten. Wir begrüßen diesen Schritt, doch es muss abgewartet werden, wie diese Gelder konkret eingesetzt werden sollen.